Da es der Stadt Heidelberg leider nicht möglich war, die Außenbeschallung während der Trauerfeier für unser Ehrenmitglied Fritz Ehhalt am 19. Juni 2020 einzuschalten und stattdessen der Rasenmäher der Friedhofsgärtner die Pietät nachhaltig störte, veröffentlichen wir hier die Trauerrede unseres Vorsitzenden Claus-Peter Bach in vollem Wortlaut:
Trauerrede für Fritz Ehhalt
21. 10. 1938 – 8. 6. 2020
Sehr geehrte Familie Ehhalt, lieber Timothy, lieber Patrick,
liebe Irene,
sehr geehrte Trauergemeinde,
der Sportclub Neuenheim nimmt Abschied von Fritz Ehhalt, von unserem „Itzer“, einem verdienten Ehrenmitglied, das uns im wahrsten Sinne des Wortes ein Leben lang die Treue gehalten hat.
Im Alter von sechs Monaten wurde Fritz junior von seiner Mutter Maria im Kinderwagen vom Atzelhof auf den Sportplatz in der Tiergartenstraße geschoben, wo Vater Fritz senior sich kurz vor Kriegsbeginn auf sein Länderspiel gegen Italien vorbereitet hat. Fritz junior hat unseren Rugbysport also schon als Kleinkind kennengelernt und mit dem Rugbyball beachtliche Fertigkeiten entwickelt. Er konnte gut passen und fangen, aber auch kicken, was zu seiner Zeit, als man den Ball noch von jeder Stelle des Spielfeldes in die Gasse treten durfte, von besonderem Wert war. Er beherrsche als einer der ersten deutschen Spieler den von den Neuseeländern entwickelten Torpedokick, mit dem ihm Raumgewinne von bis zu 80 Metern gelangen. Man kann sich den Ärger der Gegner vorstellen, die sich mühsam weit nach vorne gekämpft hatten – und dann bekam Ehhalt den Ball, und man musste erneut von ganz hinten angreifen…
Nach einigen Jahren in den Schüler- und Jugendmannschaften, betreut von seinem Vater „Itter“ und von Franz Hack, rückte Itzer in der Saison 1958/59 in die Männermannschaften auf. Der SCN hatte das Endspiel der deutschen Meisterschaft 1958 in Frankfurt gegen Victoria Linden knapp mit 0:21 verloren, ein Neuaufbau mit jungen Kräften war nötig. Am 21. September 1958 debütierte Fritz Ehhalt in der zweiten Mannschaft beim 11:0-Sieg gegen den Ostzonen-Meister ASK Vorwärts Berlin II in der dritten Sturmreihe neben Herbert Fritz und Heinz Laubert, doch nur zwei Wochen später – am 5. Oktober – gab er seinen Einstand in der ersten Mannschaft anlässlich einer 3:9-Niederlage beim Heidelberger Turnverein. Groß, Schatz, Winkenbach – Hölzel, Uhrig – Biller, Konold, Ehhalt römisch III lautete die Sturmformation, und am gleichen Tag siegte die zweite Mannschaft mit 24:3 gegen den HTV II mit Ehhalt III als Innendreiviertel neben seinem Onkel, dem Verbinder Rudi Eberle. Ehhalt I war sein Cousin Dieter (später Vorstand der Heidelberger Volksbank, genannt Gag), Ehhalt II ein weiterer Cousin, der ebenfalls Dieter hieß (genannt Einstein, weil er im Rechnen so fix war) – beide spielten in der Dreiviertelreihe.
Für den SCN wirkte Fritz Ehhalt meistens in der dritten Sturmreihe, wenn Not an Männern war auch als Gedrängehalb oder als Verbindungshalb. Sein letztes Spiel in der ersten Mannschaft absolvierte er am 4. Mai 1978 in der zweiten Reihe bei einer 3:22-Niederlage gegen den RC Hürth – es war das Bundesliga-Debüt des Nationalspielers Fred Herzog. Zwanzig Jahre lang hat Itzer fast kein Erstligaspiel des SCN versäumt, vielleicht hat er sogar den Vereinsrekord seines Vaters mit 264 Spielen übertroffen; das müsste man in einer ruhigen Stunde mal genau nachzählen.
In diesen 20 Jahren hat Itzer, trainingsfleißig, kampfstark bis zur totalen Erschöpfung, aber auch technisch und taktisch versiert, in unserem Verein als Vorbild gewirkt. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, einen Straftritt im gegnerischen Viertelfeld nicht zu den Stangen zu kicken. Er hätte, obwohl in Handschuhsheim geboren, nie im Leben den Verein gewechselt.
Fritz war erfolgreich. Für den SCN bestritt er sieben deutsche Endspiele, von denen sein Team vier gewann. Er war deutscher Pokalmeister 1964 und 1975 sowie deutscher Meister 1966 und 1967. Das deutsche Endspiel am 5. Juni 1966 auf dem Neckarfeld des TSV Handschuhsheim, der 9:3-Sieg über Hannover 78, gilt als sein größtes Spiel. Die Rhein-Neckar-Zeitung schrieb damals: „Während man durch den Ausfall des verletzten Erich Edelmann und die erforderliche Umstellung zuvor einige Befürchtungen haben musste, machte Ehhalt als Verbinder seine Sache tadellos. Ballsicher sorgte er für die nötige Ruhe, sein Abspiel kam prima, und seine taktisch klugen Tritte aus der Abwehr heraus nach vorn zur besseren Ausgangsposition waren Klasse und wurden oft mit Beifall belohnt.“
Zu den deutschen Meisterschaften und Pokalsiegen kamen übrigens die Meistertitel 1961 und 1963 in der deutsch-französischen Pokalrunde, zwei Junioren-Länderspiele gegen Wales und Frankreich sowie etliche Einsätze in den badischen und süddeutschen Auswahlen in Main-Neckar-Spielen, Nord-Süd-Spielen und internationalen Spielen – so gegen die Stadtauswahl von Buenos Aires.
Ich habe Itzer von 1976 bis 1978 in seiner Rolle als kameradschaftlicher Spielertrainer und als leidenschaftlichen Cäsar-Spieler an etlichen Kartenspieltischen erlebt. Er war im Rugby wie beim „Terteln“ ein Ass, taktisch gewieft, durchtrieben und mit klaren Ansagen. „Heute müssen wir kämpfen!“ – das hämmerte er uns vor jedem Spiel ein, doch eine besondere taktische Anweisung ist in lebendiger Erinnerung. Vor einem Spiel gegen den Heidelberger Ruderklub an einem Sonntag um 11 Uhr sprach er wieder eindringlich vom harten Kämpfen und schloss dann: „Männer, und wenn Ihr nicht mehr weiterwisst, gebt Ihr mir den Ball!“
Nach der Übersiedelung in die USA – ich grüße seine von dort zugeschalteten Söhne Tim und Pat – frönte Fritz Ehhalt seiner zweiten sportlichen Liebe: dem Fußball. Er wurde Trainer des Mill Valley Soccer Club und führte dieses Team 1986 und 2001 zu zwei Tourneen nach Deutschland. Beim ersten Mal besiegten seine US-Fußballer die SG Kirchheim mit 3:2 – Kirchheim war damals Siebter der Oberliga Baden-Württemberg, die damals die 3. Liga im deutschen Fußball war.
Unseren Freund Fritz werden wir sehr vermissen. Er war ein hilfsbereiter, gutherziger Mann, abenteuerlustig und stets zu Schabernack bereit. Er war ein amüsanter Geschichten-Erzähler, der die Gebrüder Grimm in den Schatten stellte. Nun bleibt uns nur die Erinnerung an einen großen SCN-Sportler und einen liebenswerten Freund. Wir trauern mit seiner Familie und mit Dir, liebe Irene – Du hast ihm seinen Lebensabend versüßt und warst ihm bis zuletzt eine sehr gute Freundin.
Heidelberg, den 19. Juni 2020
Claus-Peter Bach